Öko-Test SPEZIAL: Urlaub für Genießer

    Öko-test S.
    08.02.2005
    Umwelt- und sozialverträgliche Reisen sind nichts für Asketen – im Gegenteil: Ihr Erlebnis- und Genusswert liegt wesentlich höher als im Massentourismus. Einst war Hurghada am Ufer des Roten Meeres ein verschlafenes Fischerdorf. Heute fliegen jährlich 800.000 Touristen ein. Viele – zu viele - kommen, um zu Tauchen. Doch die empfindliche Unterwasserwelt hält dem Massenandrang nicht stand. Ankernde Boote zerstören die Riffe. Hurghada gilt als „übertaucht“. Reisebüros raten mittlerweile dazu, nach Norden oder Süden auszuweichen, wo es noch nicht so viele Hotels aber dafür intakte Tauchreviere gibt. Die Urlauber-Karawane zieht weiter, um neue Ziele zu erschließen – und zu zerstören? „Mit der Vernichtung von Natur und Landschaft greift der Tourismus seine eigene Existenzgrundlage an“, stellt der Hamburger Freizeitforscher Professor Horst W. Opaschowski fest. Zahlreiche Studien belegen: Auf Reisen suchen die meisten Urlauber eine schöne Landschaft und intakte Natur. Doch sobald eine reizvolle Gegend touristisch voll erschlossen ist, verliert sie ihre Attraktivität für die Urlauber. Verkauft die Branche ihr Tafelsilber? Dass dieser Teufelskreis durchbrochen werden muss, ist der Tourismusindustrie klar. „Naturerhalt muss ökonomischer Eigennutz sein“, unterstreicht Dr. Wolf Michael Iwand, Leiter Umweltmanagement bei TUI, dem europäischen Reise-Marktführer. Längst beschäftigt sich auch der Weltverband der Reiseindustrie WTO mit der Frage, wie Tourismus zukunftsfähig gestaltet werden kann. In der „Tour Operators’ Initiative for Sustainable Tourism Development“ haben sich Veranstalter, WTO und die Vereinten Nationen zusammengeschlossen. Ihr Ziel: Feriengebiete nicht nach ex-und-hopp-Manier auszubeuten, sondern nachhaltig zu nutzen. Das bedeutet: Tourismus soll langfristig ökologisch tragbar, wirtschaftlich machbar, ethisch und sozial gerecht sein. „Wir dürfen nicht das Tafelsilber verkaufen, sondern müssen das Erbe produktiv anlegen“, formuliert es Dr. Iwand. Die Forderung, „sanft“ mit den Touristenzielen umzugehen, ist schon gut 25 Jahre alt. Hinter dem Schlagwort vom „sanften“ Reisen steht die Einsicht, dass Tourismus niemals wirklich ökologisch sein kann. Jeder Reisende hinterlässt „Fußspuren“. Allein schon, um an sein Ziel zu kommen, verpulvert er jede Menge Energie. 90 Prozent des Energiebedarfs eines zwei- bis dreiwöchigen Urlaubs entfallen auf Hin- und Rückflug. Am Urlaubsort verbraucht der Tourist meist ein Vielfaches von dem, was den Einheimischen zur Verfügung steht. Wer will schon auf den Pool verzichten, selbst wenn neben dem Hotel die Felder verdorren? Urlauber wollen vor allem Sauberkeit Das Beste wäre, jeder bliebe daheim, lautete in den 80er Jahren eine durchaus ernst gemeinte Forderung der Umweltschützer. Realistisch ist das nicht – und auch nicht nötig. Nicht ob, sondern wie man reist, ist die Frage. Tourismus kann durchaus positive Effekte haben. Vorausgesetzt, er wird gemeinsam mit und zum Nutzen der Menschen vor Ort geplant. Nur dann ergeben sich nämlich zum Beispiel Einkommenschancen, auf die die Menschen gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern angewiesen sind. Im organisierten Massentourismus bleibt der weitaus größte Teil der Touristengelder in den Kassen der Veranstalter und Fluggesellschaften. Vieles hängt von der Einsicht der Touristen ab: Muss man in klimatisierten Hotelkästen hausen, noch in den entlegensten Gegenden Cola und Burger verlangen und im Geländewagen durch die Landschaft brettern? Oder will man in kleinen einheimischen Unterkünften wohnen, regionale Gerichte probieren und per Pedes in kleinen Gruppen die Gegend erkunden? „Wenn man den Gästen die ökologischen Zusammenhänge erklärt, sind sie zu Rücksichtnahme und Verzicht bereit“, meint Inga Schnapauff vom Qualitäts- und Umweltmanagement der TUI Deutschland. Gerade die deutschen Urlauber hält Schnapauff für sehr einsichtig – weil sie von zu Hause Rücksicht auf die Umwelt gewohnt sind und deshalb auch im Urlaub nicht einfach ihren Müll liegen lassen. Allerdings ist dem Urlauber dort die Umwelt am wichtigsten, wo es um sein Wohlbefinden geht: Der Tourist wünscht vor allem reine Strände und kristallklares Badewasser. Zwar behaupten in einer TUI-Umfrage 80 Prozent der Urlauber, dass sie Umwelt orientiere Reiseveranstalter besonders schätzen. Doch auf solche Beteuerungen gibt Inga Schnapauff nicht allzu viel. Sie weiß: Viele Kunden informieren sich gar nicht über das Umweltbewusstsein ihres Ferienanbieters. Entsprechende Informationen im Urlaubskatalog werden meist überblättert. Verwirrende Vielfalt der Öko-Label Allerdings ist auch nicht immer leicht zu erkennen, ob ein Urlaubsangebot wirklich umwelt- und sozialverträglich ist. Auch wenn manche Reiseveranstalter es so darstellen: Der Abstecher in ein Naturschutzgebiet macht noch keine Öko-Reise. Umweltlabel existieren zwar, stiften aber eher Verwirrung als Klarheit. Immerhin gibt es in der europäischen Reisebranche rund 50 Zeichen. Immer wieder mal werden Versuche gestartet, die Vielfalt zu vereinheitlichen. Einer davon ist die Initiative „Visit“, die von Umwelt- und Reiseorganisationen ins Leben gerufen wurde. „Visit“ hat Kriterien für einen ökologisch korrekten und nachhaltigen Urlaub aufgestellt und kontrolliert deren Einhaltung. Die Initiative fasst verschiedene Öko-Labels zusammen, aufgelistet sind sie auf der Web-Seite www.yourvisit.info. Eine weitere Dachmarke ist „Viabono“ (www.viabono.de). Sie steht für Tourismusangebote, die Qualität und Natur in den Mittelpunkt stellen. Auch das „forum anders reisen“, eine Vereinigung von mehr als 100 Reiseveranstaltern, verlangt die Einhaltung von „sanften“ Reisekriterien. Sie sind unter www.forumandersreisen.de einsehbar. Reisen statt Rasen Wie sieht „sanftes“ Reisen konkret aus? „Wenn man einen Fahrradurlaub in Schweden macht und dort mit der Bahn hinreist, ist das ökologisch. Sobald der Urlauber aber ein Flugzeug besteigt, ist es mit der Nachhaltigkeit vorbei“, stellt Rolf Pfeifer, Geschäftsführer von „forum anders reisen“, klar. Der Flieger ist das Verkehrsmittel mit der schlechtesten Umweltbilanz. Wegen des hohen Treibstoffverbrauchs und weil in Flughöhe Abgase dem Klima besonders schaden, ist ein Flug pro Passagier rund zehnmal klimaschädlicher als eine Bahnreise über die gleiche Distanz. Für die Anbieter umweltverträglicher Reisen ist das ein Dilemma. Konsequent wäre es, wenn die Umweltbewussten keine Flugreisen anbieten würden, aber: „Damit killen wir uns selber“, ist Pfeifer überzeugt: „Wir können den Kunden das Fliegen nicht verbieten.“ Das „forum anders reisen“ hat deshalb entschieden, Flüge einzuschränken. Erst wenn das Ziel mehr als 700 Kilometer entfernt liegt, kommt ein Flug in Betracht. Wer fliegen möchte oder muss, kann an anderer Stelle die Klimabilanz entlasten: Seit letzten Sommer bietet „atmosfair“, eine Aktion des „forums anders reisen“ und der Umwelt- und Entwicklungsorganisation „Germanwatch“, Flugpassagieren an, eine freiwillige Klimaabgabe zu entrichten. Wie viel Abgase seine Flugreise verursacht und welcher Preis dafür zu zahlen ist, kann jedermann mit Hilfe des Emissionsrechners unter www.atmosfair.com ermitteln. Zum Beispiel: Für einen Flug von Frankfurt nach Las Palmas und zurück liegt der Obolus bei 28 Euro. Dieses Geld fließt in Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern. „Das soll kein Ablasssystem sein. Uns geht es vielmehr darum, den Schaden, den die Fliegerei verursacht, bewusst zu machen“, betont Pfeifer. Fünf Monate nach Gründung von „atmosfair“ hatten bereits mehr als 1#000 Reisende insgesamt rund 25#000 Euro an Klimaschutz-Beiträgen entrichtet, ein Ergebnis, das Rolf Pfeifer „sehr zufrieden stellend“ findet. Der Berliner Reiseveranstalter Colibri (www.colibri-berlin.de) pflanzt zum Ausgleich für Flugabgase Bäume – pro Fernflug und Passagier bis zu 250 Stück. Das oberste Prinzip heißt aber: Flüge vermeiden. Selbst wenn es über den Polarkreis geht. So offeriert „Colibri“ zum Beispiel eine 2#600 Kilometer lange Bahnreise von Berlin nach Narvik, dem nördlichsten Bahnhof Europas. Auch Lernidee Reisen (www.lernidee.de) setzt auf die Wiederentdeckung der Langsamkeit. Die Spezialität des Anbieters sind Zugreisen. Zum Beispiel mit der Transsibirischen Eisenbahn durch Russland, die Mongolei und China. Oder mit dem Zug entlang der Seidenstraße. Solche Reisen lassen sich durchaus in einen dreiwöchigen Urlaub packen - wenn man mit dem Flugzeug zum Start-Bahnhof anreist. Wer Zeit hat, kann sich vom Reiseveranstalter aber auch die Anreise nach Russland mit dem Zug planen lassen – und im Anschluss an die Tour vielleicht die Weiterfahrt auf dem Landweg nach Vietnam oder eine Fährüberfahrt nach Japan. So kommt man auch ohne ein Flugzeug zu besteigen weit in der Welt herum. Selbst wenn man vielleicht nicht einmal 80 Tage Zeit hat, wie der legendäre Phileas Fogg. Geringe Belastung – hoher Gewinn In Namibia sorgt das Geld der Touristen für den Erhalt eines Wildreservats. Das 150#000 Hektar große Trockengebiet ist heute wieder die Heimat zahlreicher Wildtiere. Dabei war das „NamibRand Nature Reserve“ (www.namibrand.com) Mitte der 80er Jahre ökologisch ruiniert. Das trockene Land war überweidet, das Wild fast ausgerottet. 1984 legte ein Unternehmer den Grundstein für das Schutzgebiet. Um das Reservat zu finanzieren, öffnete man es für Touristen – aber nur für zahlungskräftige Kunden einiger ausgewählter Safarianbieter. Die Regel lautet: Nur ein Gästebett auf 2#000 Hektar Wildnis. Außer ökologischem hat das Projekt auch sozialen Nutzen, denn es bietet der lokalen Bevölkerung Ausbildung und Beschäftigung. Das Öko-Tourismusprojekt Makasutu (www.makasutu.com) in Gambia wurde 2004 vom britischen Reiseveranstalter Responsible Travel und der Reisefachpresse zum besten nachhaltigen Tourismusprojekt der Welt gewählt. Unter 700 Vorschlägen von Reisenden wurde Makasutu ausgewählt, weil es das natürliche Gefüge nicht beeinträchtigt, aber der lokalen Bevölkerung Einkommenschancen gibt. Öko in der City Auch auf Geschäftsreisen und Städtetrips braucht der Gast die Nachhaltigkeit nicht aus den Augen zu verlieren, wenn er in einem nach Öko-Kriterien geführten Hotel absteigt. Dass Handtücher nur noch gewechselt werden, wenn sie wirklich schmutzig sind, dass Toiletten Wasserspartasten haben und das Licht beim Verlassen des Zimmers automatisch ausgeht, ist heute schon in vielen Hotels Standard. Ökologische Hotels gehen über solche Maßnahmen hinaus: Da besteht die Ausstattung aus ökologisch erzeugten Naturmaterialien, abgeschirmte Kabel mindern Elektrosmog und die Küche bietet lokale Erzeugnisse aus kontrolliertem Anbau. Ein solches Haus ist zum Beispiel das „Ökotel“ (www.oekotel.de) in Hamburg. Mitte der 90er Jahre wurde das Gebäude nach ökologischen Kriterien errichtet, inklusive Blockheizkraftwerk, Photovoltaikanlage und Regenwassernutzung. Das Hotel ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen und die Preise sind zivil: ab 69 Euro im Doppelzimmer. Raus aufs Land Biohöfe und ökologische Weinbaubetriebe bieten oft Ferienwohnungen oder Gästezimmer an. Dem Bundesverband ökologischer Weinbau (www.ecovin.de) hat zum Beispiel rund 20 Mitglieder, die nicht nur nach biologisch-dynamischen Prinzipien edle Tropfen herstellen, sondern auch Gäste verwöhnen und ihnen einen Einblick in die Weinherstellung geben. Die Weingüter liegen in landschaftlich schönen und sonnigen Gegenden, etwa in Baden, an der Mosel und in Rheinhessen. Ein weiterer Pluspunkt: Die Anreise zu den heimischen Weingütern ist weniger umweltschädlich als eine Fernreise. In ganz Europa kann man Urlaub auf Bio-Bauernhöfen machen. Einen Überblick gibt das European Center for Eco Agro Tourism (ECEAT) (www.eceat.de), das jedes Jahr eine neue Aufstellung der Betriebe heraus gibt. Die Höfe müssen ökologisch einwandfrei wirtschaften und ein passendes Gästeprogramm bieten, beispielsweise Ökolandbau-Seminare. „Sanfte“ Reisen im Aufwind Nach Angaben der Veranstalter werden umwelt- und sozialverträgliche Reisen gut angenommen. „Wir verzeichnen Zuwächse“, freut sich Roland Streicher, Chef des Nürnberger Umweltreisen-Veranstalters ReNatour und Vorstand des „forums anders reisen“. Die gut 100 Mitglieder des „forums anders reisen“ zählten im Jahr 2003 etwa 60#000 Kunden, ihr Umsatz lag bei 85 Millionen Euro. „Die Umsatzzuwächse lagen durchschnittlich bei fünf bis zehn Prozent, vereinzelt auch bei 15 Prozent und mehr“, berichtet Geschäftsführer Rolf Pfeifer. Der „sanfte“ Tourismus entwickelt sich deutlich besser als die Reisebranche insgesamt, bestätigt auch die International Ecotourism Society (TIES) in Washington. Obwohl „sanfte“ Reisen boomen, ist ihre Bedeutung verglichen mit dem Massentourismus eher gering. Laut Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) liegt ihr Marktanteil bei drei bis fünf Prozent. Aber schließlich will Umwelt-Tourismus ja auch keine Massen in Bewegung setzen, sondern richtet sich an eine Klientel, die mehr vom Urlaub will als Sonne, Sand und Dumpingpreise. Rechenexempel Ein Flug von Hamburg nach Kairo und zurück verursacht Abgase mit einer Klimawirkung von etwa 1#520 Kilogramm CO2*. Zum Vergleich: Betrieb eines Kühlschanks für ein Jahr: 100 Kilogramm CO2 Ein Jahr Autofahren: 2.000 Kilogramm CO2 Klimaverträgliches Jahresbudget eines Menschen: 3.000 Kilogramm CO2 *Flugzeugabgase bestehen nicht nur aus CO2. Die verschiedenen Emissionen sind umgerechnet auf die derzeitige Erwärmungswirkung der entsprechenden Menge an CO2-Emissionen. Die Kehrseite der schönen Urlaubswelt · Im Durchschnitt verbraucht ein Tourist in 24 Stunden so viel Wasser, wie ein Einwohner in einem Entwicklungsland benötigt, um einen Reisvorrat für 100 Tage zu produzieren. · Ein einziger Golfplatz in Benidorm/Spanien konsumiert so viel Wasser wie ein 10.000-Einwohner Ort in der Region. · Discovery Bay in Jamaika bestand vor 30 Jahren zu 50 Prozent aus Korallenriffen. Heute sind es weniger als zwei Prozent. · Nach Schätzungen der Vereinten Nationen arbeiten 13 bis 19 Millionen Kinder weltweit im Tourismus. Mehr als eine Million Kinder werden jedes Jahr von Touristen sexuell ausgebeutet. Im Vordergrund steht die Qualität Roland Streicher vom Reiseveranstalter ReNatour (www.renatour.de) ist Vorstandsvorsitzender des Vereins „forum anders reisen“. Darin sind mehr als 100 Touristikunternehmen organisiert, die ihr Angebot an umwelt- und sozialverträglichen Kriterien ausrichten. ÖKO-TEST: In den Ferien wollen die Leute den Alltag vergessen. Kann man sie da überhaupt für Umweltschutz und Sozialverträglichkeit interessieren? Streicher: Wir wollen ja im Urlaub niemanden bekehren. Bei der Werbung stellen wir auch nicht den Umweltschutz in den Vordergrund, sondern die Qualität. Wir bieten kleine gemütliche Unterkünfte in intakter Natur und durchdachte Reisekonzepte. Damit sprechen wir Leute an, denen der Umweltschutz persönlich wichtig ist, aber auch ganz normale Verbraucher, die Qualität schätzen. Die Leute sollen keinen Umweltschutz-Workshop besuchen, sondern sich wohl fühlen.ÖKO-TEST: Aber gewisse Einschränkungen muss der Umwelt-Urlauber doch hinnehmen? Streicher: Eine ökologisch orientierte Reise muss nichts mit Verzicht zu tun haben. Aber alles in Maßen. Viele Dinge sind nun mal nur umweltverträglich, so lange sie in kleinem Rahmen statt finden. So beschränken sich Gruppengrößen in der Regel von selbst auf maximal zwölf bis 16 Teilnehmer. ÖKO-TEST: Wenn Massentourismus und Ökologie sich ausschließen, muss der umweltgerechte Urlaub also zwangsläufig ein Nischenprodukt bleiben? Streicher: Wenn wir von Anfang an davon ausgehen, dass unsere Produkte nur etwas für eine kleine Nische sind, werden wir im großen Stil nie etwas für die Umwelt bewegen können. Wir wollen weiter wachsen und sind auch offen für den Dialog mit Großveranstaltern, wenn sich dort in ökologischer Richtung etwas tut. ÖKO-TEST: Und, tut sich etwas? Streicher: In sehr kleinem Rahmen. Umweltschutz ist oft nur dann ein Thema, wenn man sich Marketingeffekte davon verspricht – und wenn das Geld dafür da ist. Unternehmen, die noch Inhaber-geführt sind, zeigen eher Umwelt-Engagement als Firmen, die rein von Aktien abhängig sind. Dabei haben Großveranstalter ganz andere Möglichkeiten, die Umwelt zu entlasten: Wenn Thomas Cook oder die TUI es schaffen, Einwegpackungen aus ihren Hotels zu verbannen, sind das gleich ganze Berge von Abfall, die vermieden werden. Dagegen sind Aktionen von kleinen Veranstaltern ganz nett, bringen aber global gesehen wenig. ÖKO-TEST: Es gibt die Theorie, dass Ferienclubs, in denen viele Urlauber sich auf einem Fleck aufhalten, der Umwelt weniger schaden als individuelle Reisen. Was halten Sie davon? Streicher: Zum Teil mag das richtig sein. Aber wenn nur noch Urlaub in geschlossenen Anlagen angeboten wird, hat der Mensch mit der Natur bald gar nichts mehr zu tun. Zudem sind touristische Großanlagen oft ganz in ausländischer Hand: Die Beschäftigten werden mitgebracht, sogar das Essen wird eingeflogen. Man sucht sich irgendwo einen netten Platz am Meer, hat aber mit dem Land und der Bevölkerung keinen Kontakt. Die lokale Bevölkerung hat von solchen Projekten wenig, das heißt, sie soziale Komponente leidet. ÖKO-TEST: Fliegen belastet die Umwelt besonders stark. Doch seit Aufkommen der Billigflieger kann sich fast jedermann auch mal zwischendurch eine Flugreise leisten. Haben Öko-Reiseveranstalter diesem Trend etwas entgegen zu setzen? Streicher: Billigflüge bedeuten einen deutlichen Rückschlag in der Umweltbilanz der Branche. Doch es hilft nichts, irgend etwas zu verteufeln. Statt den Leuten zu sagen: „Ihr dürft nicht fliegen“, bieten wir lieber tolle Reiseideen im Nahbereich an.