Eine Woche Langsamkeit mit 1 PS oder Einspannen zum Ausspannen

    Katharina B.
    02.07.2007
    Eine Woche Langsamkeit mit 1 PS oder Einspannen zum Ausspannen 19.05. – 26.05. 07Unsere Ankunft in Fontenois-la-Ville am 19.05.07 war von Sonnenschein begleitet, nachdem es zuhause mehrere Tage lange geregnet hatte. Francoise begrüßte uns und zeigte uns unser Roulotte „La Sauvageonne“ mit dem Hinweis dass unser Pferd aber ganz „tranquille“ sei. Innen sind die Roulotte eingerichtet wie gemütliche Miniwohnwagen. Lena hat sich gleich das obere Stockwerkbett ausgesucht. Nachdem unserer Sachen alle drin waren war es schon ziemlich voll und wir waren froh über das vierte Bett als Gepäckablage. Georg vertiefte sich nach langer zeit mal wieder in ein Bikemagazin und Lena und ich besuchten die Pferde auf ihrer großen großen Weide. Dort trafen wir zufällig Jaqui, der für die Pferde zuständig ist und der spontan beschloss mit uns unser Pferd für morgen raus zu suchen und gleich auf eine Weide näher an der Station zu bringen. Wir bekamen Isa, eine große, kräftige Stute mit ruhigem und geduldigem Gemüt. Lena durfte auf ihr zurückreiten und war sehr glücklich.Am Abend gab es ein fest in der Station, der Chef eines Musikvereins wurde 50 Jahre alt, so waren viele Gäste und auch Kinder da. Lena fand schnell Freundinnen und spielte den ganzen Abend mit ihnen, trotz Sprachunterschied. Das Essen im Restaurant war sehr fein und typisch französisch waren wir erst kurz vor zehn fertig.Der nächste Morgen am 20.05. war sehr aufregend, denn wir sollten ja Kutsche fahren lernen. Zuerst wurde Isa ausgiebig geputzt und mit Kraftfutter gefüttert und dann hat uns Jaqui in den Gebrauch von Kummet, dem Riemen am Po und der Trense eingewiesen. Erst als er zufrieden war mit unseren Übungen wurde eingespannt. Die Verständigung ging super unser Basic- französisch hat ausgereicht da wir ja alles direkt gezeigt bekamen.Dann hieß es aufsitzen und los ging die Fahrt. Wie angekündigt konnte Isa es kaum erwarten loszulaufen – sie zog an und mit schnellen Schritten ging es durchs Dorf – da waren wir schon froh, dass Jaqui noch dabei war. Auf dem ersten km erklärte er uns noch viel. Dann verabschiedete er sich und wir waren alleine mit einem großen starken Pferd namens Isa, einem gemütlichen Roulotte in wunderschöner Landschaft, hügelig mit unendlich vielen Wiesen und Weiden.Hin und wieder ein Wäldchen, Kanäle und Bäche. Zu Beginn kam uns die kleine Straße sehr eng vor, ähnlich einem Schwebebalken und wir haben uns gefragt was wir wohl tun würden wenn uns ein Auto entgegen kommt. Aber es geht, die Autos fahren langsam und wir waren mutig und sind an den Rand gefahren, so weit rechts wie wir uns trauten, denn in dem hohen Gras war nicht so recht erkennbar wo denn der Graben anfängt. Isa ist ein sehr folgsames und ganz ruhiges Pferd und das Roulotte lässt sich von ihr auch fast im Winkel von 90° ziehen, so dass wir immer wieder wohlbehalten in der Mitte der Straße landeten. Es ist schon ein abenteuerliches Gefühl wenn das Roulotte über den Randstreifen schaukelt und holpert. Sehr schnell haben wir bemerkt, dass Isa es nicht so gern hat bergab zu ziehen, sie wird dann automatisch ganz langsam damit wir anfangen mit bremsen, damit keine Gefahr besteht, dass sie vom Roulotte geschoben wird.Weiter am Kanal entlang durch den Ort Selles nach La Basse-Vaivre war die fahrt sehr schön und die Ankunft bei der Familie Rauber sehr herzlich. Zuerst haben wir Isa versorgt und auf eine riesige Weide gebracht, danach einen sehr schönen Abend auf der Wiese hinter dem Haus von Raubers mit unserem Roulotte verbracht. Obwohl es eng ist, lässt es sich gut schlafen darin, sicher auch weil wir mit unseren 1.70 m Länge genau in das Bett gepasst haben, größere Leute müssen die Füße einziehen.Die nächste Etappe am 21.05.07 nach Ameuvelle geht zumeist auf kleinen Straßen und durch Wäldchen. Hier haben wir gelernt wie stark Isa ist. Die Sonne lachte seit morgens und Isa wurde von den Bremsen geplagt, so dass wir rechts ran fuhren und sie mit dem Mückenspray einsprühten. Allerdings hat das nicht so viel geholfen und als es Isa mit zwei großen Pferdebremsen zu bunt wurde hat sie trotz unserer Rufe stehen zu bleiben und unserem Halten am Zügel den Wagen mit angezogenen Bremsen in die Wiese gezogen. Nach einigen Metern großer Aufregung hatten wir sie wieder gestoppt und beeilten uns auf den Kutschbock zu kommen und das Weite zu suchen. Wir waren sehr beeindruckt von Isas Kraft; aus der ziemlich hoppeligen Wiese hat sie uns ohne weiteres über einen kleinen Wall wieder auf die Straße gezogen. Zukünftig verjagten wir die Bremsen mit einem alten Fliegenpatscher den wir im Roulotte gefunden haben und den wir mit Klebeband wieder funktionstüchtig gemacht haben. Isa hat schnell verstanden, dass der kurze Patsch ihr hilft und immer ruhig gehalten wenn wir Bremsen gejagt haben. Wenn es ganz schlimm wurde und die Viecher sie wie Hubschrauber zu mehreren umkreisten bin ich mit einem Blätterzweig wedelnd nebenher gelaufen.Auf einem Stück mehr befahrener Straße lernten wir Isas Qualitäten dann noch mal zu schätzen, denn auch wirklich schnelle LKW die einen ordentlichen Luftsog hinter sich herziehen, ließen sie zwar mit gespitzten Ohren und erhobenem Kopf etwas schneller ziehen aber sie lief ohne Probleme ruhig weiter. Die Ankunft in Ameuvelle führt steil bergab durch das Dorf und dann auf eine Wiese am Ortsausgang. Isa hat den Weg sofort gefunden. Der Platz liegt schön am Rande der Bauernhöfe und es war nett das Pferd direkt neben sich auf der Weide zu haben. Abends durfte Lena durchs Dorf reiten und wir haben das sehr ländliche und abgelegene Dörfchen genossen.Am 22.05.07 ging es durch hügelige schöne Landschaft mit so viel Platz für Kühe und Pferde weiter. Georg, unser Kutscher hatte das Kutschieren mittlerweile sehr gut im Griff und wir fühlten uns alle sehr wohl.Die Mittagspause verbrachten wir am einzigen etwas touristisch angehauchten Ort den wir auf unserer ganzen Reise getroffen haben, dem alten Kloster in Petit Thon. Wir durften Isa zum Kaffeetrinken in den Klostergarten mitnehmen. Unser Tagesziel, die Auberge de Bigneuvre liegt einsam an eíner Straßenkreuzung und wird von Silvia und Antoine bewirtschaftet, die neben der Auberge noch viele Pferde haben. Lena hat sich sehr gefreut, dass ihre Tochter Simone ihr alle Tiere gezeigt hat und toll war, dass sie deutsch konnte, so dass die zwei den ganzen Abend mit einander unterwegs waren und wir alle auch noch die Pferdeherde besuchen durften. Das Aus- und Einspannen können wir inzwischen so gut, dass es schnell geht, natürlich auch weil Isa immer so gut mitmacht. Vielen Dank an Jaqui, der uns ein so tolles Pferd ausgesucht hat.23.05.07 Nachdem in Vogescourt der Laden montags zu hatte und unserer Vorräte so langsam aufgegessen waren hofften wir in Monthureux sur Saone einkaufen zu können. Durch einen wunderschönen Eichenwald führt uns der Weg nach Monthureux, für uns schön da gar kein Verkehr und ganz ruhig, für Isa anstrengend, da sie auf dem steinigen Sandweg viel mehr ziehen muss.Durch das Städtchen ist es aufregend, da plötzlich viel Verkehr ist und wir den Rastplatz nicht gleich finden. Wir weichen auf einen Platz am Fluss aus und ruhen im Schatten. Leider nur kurz, denn dann beenden die Bauarbeiter auf der anderen Flussseite ihre Mittagspause und Isa macht uns unmissverständlich klar, dass die piepsenden Lastwagen im Rückwärtsgang, Bagger die Kies abladen und schlagende Lasterheck-klappen selbst ihr ruhiges Gemüt auf eine harte Probe stellen. Bei dem etwas hektischen Aufbruch steht sie mir dann noch auf den Fuß, Gott sei Dank habe ich Wanderstiefel an und die Wiese gibt auch noch etwas nach! Am Ortsausgang finden wir dann den richtigen Rastplatz und gehen mit dem Rad zurück in die Stadt zum Einkaufen. Außerdem kaufen wir noch leckeren Honig beim Imker gegenüber, der unseren Wasserkanister auch wieder auffüllt. Die restliche Wegstrecke nach Claudon führt über Hügel, durch kleine Weiler vorbei an Kuhweiden, bis zu unserer Gastgeberin Madame Vilminot.Sie wohnt ganz am Ende eines schönen Dorfes unter zwei großen Kastanienbäumen. Gerade als wir ankommen mäht der Nachbar das noch hüfthohe Gras auf der Wiese, anscheinend sind wir seit längerem das erste Roulotte das hier übernachtet.Wir verbringen einen gemütlichen Abend in paradiesischer Umgebung mit leckeren Grillwürstchen vom Metzger aus Monthureux. Georg bastelt uns noch ein Fliegengitter und nach unserem inzwischen schon obligatorischen Abendspaziergang mit Isa und Lena auf ihrem Rücken schlafen wir alle früh und glücklich ein.Am nächsten Morgen 24.05.07 hat es Nebel und ich radle die 5 km nach Monthureux zum Bäcker, denn hier kommt ausnahmsweise mal kein Bäckerwagen vorbei. Es ist erstaunlich wie schnell ich mit dem Rad bin, wofür wir mit dem Roulotte fast 1 ¼ Stunden gebraucht haben.Unsere heutige Strecke führt sehr steil nach Planchotte und Isa musste schwer schaffen, wie immer wenn es bergauf geht laufe ich nebenher diesmal auch Lena und wir motivieren Isa beim Ziehen. Oben machen wir Pause im Schatten und lassen sie nach 10 min was trinken, bevor wir uns im Schatten eines nicht bewohnten Hauses einen schönen Rastplatz suchen und Picknick machen. Isa darf wie immer mit kommen und neben uns im Schatten grasen. Wenn die Bremsen nicht wären, wäre es himmlisch aber auch so geht es uns sehr gut.Es war heute der Tag des Kampfes gegen die Bremsen, durch die Viele Sonne und ein nassgeschwitzes Pferd kamen sie in Massen und wir mussten den Fliegenpatscher verstärken und verlängern. Die Erfahrung wie unsere liebe Isa zu einem stampfenden, ausschlagenden und sich fast bäumenden Wildpferd wird war beiendruckend, vor allem bei der Abfahrt als sie beim Einschirren von mehreren Bremsen so geplagt wird, dass sie sich ganz wild gebärdet und wir froh sind inzwischen Einschirrprofis zu sein und alles ganz schnell können. Diese Riesenbremsen sind aber auch wirklich besonders eklige Viecher.Während der Pause haben wir dem Bioladen von Herr Barthelet einen Besuch abgestattet, was ein erstaunliches Erlebnis war: ein Sammelsurium von Durcheinander, selbst gemachten Kräutersoßen, ausgewachsenen Kartoffeln, Brot Einer, Körbe und vieles vieles mehr. Der weiße Backenbart des Herrn tat sein übriges um uns im Gedächtnis zu bleiben.Die zweite Wegstrecke ging hauptsächlich durch den Wald und war von der Bremsenjagd bestimmt. Im Peu angekommen wurden wir vom Hofhund begrüßt und haben abends leckeres Fleisch gegrillt und den Hunderten von Mehl- und Rauchschwalben zugeschaut. Wieder war es ein winziges Dorf mit einigen Bauernhöfen, die alle riesig viel Platz haben, große Scheunen und Weiden. Paradiesisch ländlich und einsam. Hier kommt der Bäckerwagen durch ansonsten bleibt man unter sich. Wir haben wahrscheinlich Glück, dass wir (zum letzten Mal) noch außerhalb der Schulferien reisen können, denn auf unserer ganzen Tour sind wir immer alleine an den Stationen und können so die Natur und die tollen Plätze ganz alleine genießen.25.05.07 Unser letzter Tag auf Reisen mit dem Roulotte beginnt, wir genießen ihn in vollen Zügen, an den Brücken über den Kanal schließt sich unsere Reiseroute und wir fahren die letzten Kilometer auf dem uns bekannten Weg von ersten Tag, nur andersrum. Bei der Pause am See treffen wir zum ersten Mal andere Roulottes, die gerade ihre Reise beginnen und wir fühlen uns nach sechs Tagen wie die erfahrenen Kutscher und kommentieren, die noch etwas unsicheren Einspannübungen der Anderen. Voller Eindrücke und gut gelaunt, obwohl die Reise zu Ende geht kehren wir nach Fontenois-la-Ville zurück. Es fällt uns schwer uns von Isa, die uns so treu und brav gezogen hat, zu trennen und wir begleiten sie auf ihre große Weide, besser gesagt Lena reitet ein letztes Mal dorthin.Wir sagen ihr Danke verabschieden uns und sie trottet langsam über die große Wiese zu ihren Kollegen, die alle im Wald im Schatten stehen.Wieder in der Station angekommen haben wir noch eine letzte Nacht im Roulotte, bevor wir am nächsten Morgen alles ausräumen und wieder nachhause fahren müssen. Ein schönes Erlebnis für uns alle war dem Hufschmied zu zu schauen der zufällig an diesem Abend in Fontenois war, das ist echte Schwerarbeit und wie wir erfahren haben halten die Hufeisen nur 2-4 Wochen, wenn die Pferde regelmäßig auf Tour sind und die schweren Roulottes ziehen, viel Arbeit für den Hufschmied!Wir genießen die letzte Nacht im Roulotte, freuen uns schon auf unsere Urlaubsbilder und denken noch lange immer wieder an unsere Zigeunerwagentour und vor allem an unser tolles Pferd, die Isa.Katharina Braun 17.06.07