Genusswandern im Piemont vom 15. bis 23. Juni 2007

    Müller A.
    31.07.2007
    Bereits am 14. Juni machten meine Tante (50 J.) und ich (20 J.) uns auf den Weg nach Italien. Durch eine sehr nette Mitfahrerin aus der Fiat Stadt Turin hatten wir die Möglichkeit, bei ihr zu übernachten und bekamen so schon einen Vorgeschmack auf das typische italienische Gemüt. Wir waren voller Vorfreude auf den Urlaub! Am Freitag begaben wir uns dann auf den Weg in das mir bis dahin noch unbekannte Valle Maira. Wir fuhren gemütlich über die Slow- City Bra, die Hauptstadt der Slow- City-Bewegung in Italien über Dronero nach San Martino inferiore.Je höher wir den Berg auf der engen Serpentinenstraße hinaufkamen, desto schöner und wilder wurde die Landschaft und immer wieder sahen wir die Maira, sich unten im Tal dahinschlängeln. Nun waren wir im "il buco nero del Europa", dem schwarzen Loch Europas, wie das Mairatal auch genannt wird - der letzte wilde Fleck Italiens. In einem 30 km langen „Schlauch“ findet man hohe Berge, Dreitausender, die den Übergang am Ende des Tals nach Frankreich möglich machen!.Die idyllische Atmosphäre in unserer ersten Unterkunft bei Maria Schneider in San Martino und ihren Mitarbeiterinnen gefiel uns auf Anhieb und wir waren positiv überrascht von unserem gemütlichen und ruhigem Matratzenlager, das uns erwartete. Um 19.30 Uhr wurden wir dann von Maria verköstigt und so auf die nun folgenden Abende mit mehrgängigen Abendessen, eingestimmt.Am Samstag ging es dann endlich los! Da wir erst um 11:00 Uhr starteten, stiegen wir den Berg nach Elva in der prallen Mittagshitze hoch. Entlang an wunderschönen Blumenhainen, vielen weißen piemontesischen Kuhherden und durch schattige Wälder; die Landschaft hat uns jeden Tag aufs Neue begeistert. Eine Landschaft jetzt im Frühling mit weißen wilden Narzissen, wilden Tulpen, blauem Enzian. Und immer wieder, die bei uns unter Naturschutz stehenden Sumpfdotterblumen - soweit das Auge reicht. Eine Landschaft, aus der die Menschen davongelaufen sind, in der alte Weiler und ein paar dicht gedrängte Steinhäuser in Wäldern aus Goldregen und Rhododendron versinken. Massentourismus gibt es hier noch nicht!Durch die gute Markierung des Percorsi Occitani verliefen wir uns nicht, nur einmal kamen wir nach der Anhöhe vor Ussolo aufgrund des starken Regens und der Nebelschwaden auf einem Grasrücken ins Grübeln.An den darauf folgenden Tagen begannen wir unsere Wanderungen um halb neun und hatten so ausreichend Zeit, Pausen einzulegen, entweder mitten im Wald, an weißen Kirchen, an plätschernden Bächen oder auf einsamen Höhen mit fantastischem Ausblick, wo wir unsere Lunchpakete mit Appetit vertilgten.An den Abenden wurden wir reichlich mit leckeren italienischen Spezialitäten verwöhnt und waren von der Freundlichkeit unserer GastgeberInnen jedes Mal neu begeistert. Auch wenn wir anfangs kaum ein Wort Italienisch sprachen, lernten wir in den sieben Tagen durch die offene und interessierte Art der Italiener eine Menge hinzu und konnten uns bald mit rudimentärem Italienisch, Händen, Gestik und Mimik und der kleinen Sammlung wichtiger Begriffe aus der Übersetzerliste von ReNatour ausreichend verständigen.In Palent waren wir von der Gastfreundschaft von Matteo und seiner Frau Virginia, einem älteren Ehepaar, gerührt. Wir wurden zum Abendessen in ihre Küche eingeladen. Zu dem exzellentem Essen (vegetarisch) gab es aus biologischem Anbau Wein und zum Abschluss eine Liquore di Genepy - Degustation: mehrere Proben ihres im Demeter Landbau angebauten und hergestellten Genepy, wovon wir uns gleich ein paar Flaschen als Souvenir einpacken ließen!Als Dank für den lustigen und unterhaltsamen Abend schenkten wir Virginia und Matteo die italienisch-deutsche Übersetzerliste.Transportprobleme hatten wir keine: der Sherpa-Bus brachte Genepy und Gepäck von einem "posto tappa" (Etappenposte) zum nächsten.Zuverlässig und sicher!Den kulinarischen Höhepunkt erlebten wir im Lou Pitavin in Finello bei Valeria und Marco Monti. Fünf Gänge bereitete die Hausherrin vor und Marco servierte in dem Kellergewölbe vor dem Kamin während es draußen noch regnete. Wir genossen besonders die leckeren Tagliatelle mit frischen Gartenkräutern und eine Caramel- Panna Cotta zum Dahinschmelzen. Auch wir entdeckten das Weinlager auf der alten Hobelbank und wurden fündig in der rechten Ecke: der Drôné, ein ganz besonderer Wein, typisch für das Anbaugebiet von Dronero. Die biologisch angebaute Rebe Nebbiolo von Dronero. Eine alte lokale Rebe und von Mauro Vini in der Weinkellerei von Dronero hergestellt. Rubinrote Farbe, frisches und fruchtiges Bouquet des Hagedorn und der Himbeere.Nach sieben Tagen auf dem Maira-Rundweg kamen wir wieder am Ausgangspunkt bei Maria Schneider an und waren traurig, die Berge wieder verlassen zu müssen. Hier trafen wir auf Neuankömmlinge, denen wir unsere Erfahrungen und Erlebnisse weitergaben und machten ihnen Lust auf die kommenden wundervollen Tage in den Bergen.Einige waren sehr überrascht, dass ich in meinem Alter so viel Spaß am Wandern hatte, aber auch mit 20 Jahren kann ich diese Wanderroute auf den schönen Wegen, alten Maultierpfaden, schroffen Felsen und nebligen Hängen und Hochgebirgspfaden jedem empfehlen!Abends wieder in Marias Matratzenlager eingekuschelt, sind wir wieder in Alba in der Kirche, wo uns das "Nazideutschland" wieder in Erinnerung gebracht wurde, hören okzitanische Musik bei Carla vor dem Kamin in Ussolo, wo wir unsere Wanderschuhe trockneten, trinken den besten Genepy überhaupt, sehen Schmetterlinge, scheue Murmeltiere, Gras, Himmel, riechen die Bergluft, essen wilde Erdbeeren, spüren noch einmal die brennenden Füße und den Wunsch jetzt schon ankommen zu wollen, versprechen uns, hier noch einmal wieder zu kommen und schlafen friedlich ein im letzten wilden Fleck Italiens.