Anspannen, ausspannen, entspannen...

    Patricia S.
    06.05.2009
    ...das waren die bestimmenden Themen in dieser Woche Zigeunerwagenferien in den südlichen Vogesen (Haute Saone) im August 2008.Unsere "Farandole", eine Comtoise-Kaltblut-Stute, hat uns schweißtriefend und luftpumpend unzählige Hügel hoch- und runtergezogen, das Klappern ihrer tellergroßen Hufe und unsere französischen Kommandos "Hue; aller-aller-aller; à droit/à gauche, ma fille; bon, ma fille, etc." begleiteten uns bis in unsere Träume, die immer wieder von den auch nachts stündlich schellenden Kirchenglocken unterbrochen wurden. Und wenn es nicht die Kirchenglocken waren, die uns weckten, dann war es schon mal ein Hahn, der uns morgens aus dem Schlaf schepperte...Das war auch gut so, denn außer uns selbst mußten wir uns ja auch um die treue Farandole kümmern. Und wenn das nicht rechtzeitig geschah, machte sich Linotte, das Pferd der uns begleitenden französischen Familie, schon mal selbständig, trampelte den zugegebenermaßen für Kaltblüterhufe lächerlichen Drahtzaun einfach nieder und kam des morgens unschuldig wiehernd zum Stellplatz unserer Roulottes (Zigeunerwagen) dahergetrabt und begann gemütlich das fette Gras zu fressen. Die arme Farandole indes, unerfahren, weniger erfinderisch und zum ersten mal auf dieser Route, traute sich nicht über den Zaun, stand laut nach ihrer Feundin wiehernd auf der mageren Koppel und verstand die Welt nicht mehr - wir haben sie natürlich sogleich aus ihrer mißlichen Lage befreit, und dann gab`s Pellets (Kraftfutter) für die Rösser und Croissants für die Menschen.Leider war Farandole, ein ausgesprochen liebes Pferd, offenbar noch nicht so gut trainiert, sie stand erst seit kurzem im Dienst und hatte arge Probleme mit den Anstiegen. Trotz der Warnung, bloß nicht während eines Anstieges stehenzubleiben, passierte uns dies immer wieder, weil das arme Roß es einfach nicht am Stück schaffte, längere Anstiege zu bewältigen. Ich habe schon viele Jahre Erfahrung mit Pferden, aber so habe ich noch nie ein Pferd schwitzen gesehen. Der Schweiß floß in kleinen Bächen die Beine hinunter. Einmal, kurz vor der Ankunft in Grandrupt, blieb sie sogar auf einem Feldweg stecken und kam auch nach einer Pause und mit viel Anschieben und Anfeuern nicht mehr los. Es blieb uns nichts anderes übrig, als die Pferde mit unseren französischen Mitstreitern zu tauschen, um die letzten paar hundert Meter noch zu schaffen, was dann auch problemlos klappte - da haben sich die vielen Jahre Französischunterricht in der Schule doch bezahlt gemacht... Aber ohne die starke Linotte hätten wir es ohne fremde Hilfe wahrscheinlich nicht geschafft. Im Lauf der Woche lernten wir, die Kräfte der armen Farandole durch ganz viele kleine Pausen einzuteilen, und so schaffte sie die ganze Route.Nachdem wir abends die Pferde und uns gefüttert und getränkt haben, kuschelten wir uns in unserem gemütlichen, hölzernen Zigeunerwagen in die Decken und haben unseren Töchtern noch ein, zwei Kapitel vorgelesen, bevor uns die Augen zufielen.Noch soviel - es war ein wirklich sehr schöner Urlaub, wir wären gerne auch noch weiter gefahren; unsere Mädels konnten kaum fassen, daß die Woche schon vorbei war. Es war ein bißchen "Entdeckung der Langsamkeit", aber nie langweilig, unsere Romane blieben fast unberührt. Ein bißchen Reise in die Vergangenheit. Viel Frankreich - wir haben lange nicht soviel französisch gesprochen, da wir mit einer französischen Familie unterwegs waren. Ganz viel frische Luft und Natur. Viel Bewegung, zumindest für den, der gerade nicht kutschiert. Und mit einem Müllsack um die Beine konnten uns die zwei halben Tagesetappen im Regen auch nichts anhaben, dann hatte das Pferd wenigstens nicht unter so viel Fliegen und Bremsen zu leiden.Noch ein paar Tips:Fliegenklatschen sind nicht schlecht - abends vor dem Schlafen hatten wir immer ca. 20 Fliegen im Wagen. Nachts verhalten die sich zwar ruhig, aber beim ersten Lichtstrahl werden sie aktiv, um nicht zu sagen penetrant. Also wurde es zum Einschlaf-Ritual, vor dem "Licht aus" nochmal auf die Jagd zu gehen.Eine Picknick-Decke ist praktisch, weil man in den Mittagspausen meist keine Sitzplätze hat und der Kutschbock ist für 4 Personen etwas eng.Wenn man keine Regenhose dabei hat, auch große, unten aufgeschnittene Müllsäcke, mit Wäscheklammern an der Jacke fixiert, tun ihren Dienst notfalls. Zwar nicht der neueste Pariser Chic, aber wenn einen der Regen trifft, kann es auf dem Kutschbock doch recht feucht werden, trotz Vordach. Vor allem Beine und Füße werden naß.In den Pfingstferien starten wir noch einmal durch in die Vogesen, diesmal konnten wir eine befreundete Familie gewinnen, uns zu begleiten. Wir freuen uns schon...